Kernenergie! Die Antwort auf die Klimafrage? (1)

Teil 1: Reaktion auf H.-W. Sinn: Energiewende ins Nichts

In diesem Mehrteiler versuchen wir, die unterschiedlichen Standpunkte zum Thema Kernenergie als Teil der Lösung zur Klimafrage zu diskutieren. Das Thema ist, wie alles rund ums Klima, sehr komplex. Im besten Fall erreichen wir eine Einigung – man darf gespannt sein.

Im Dezember 2013 äußerte sich Hans-Werner Sinn in der universitätsöffentlichen Vorlesung mit dem Titel: Energiewende ins Nichts zur Kernenergie. 

H.-W. Sinn ist einer der prominentesten Wirtschaftswissenschaftler des Landes. Er ist emeritierter Präsident des ifo Instituts und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seine Stimme hat in Politik und Wirtschaft Gewicht. Dies alleine sollte Grund genug sein, ihm zuzuhören. Ich empfehle, wenigstens die Zusammenfassung seiner Thesen anzuschauen, dies sind vier Minuten ab 56:35. 

Als ich diesen Vortrag hörte, war ich sprachlos entsetzt. Ich war zeitlebens ein Gegner der Kernenergie. Zwar hatte ich mich nie wissenschaftlich mit dem Thema auseinandergesetzt, jedoch waren mir genügend Gründe bekannt, warum man die Finger davon lassen sollte: Tschernobyl, Fukushima und das ungelöste Problem der Endlagerung.
Als Geograph wusste ich natürlich um die Ernsthaftigkeit des Themas Klimawandel, welche H.-W. Sinn auch sehr bewusst ist. Er kommt jedoch zu dem Schluss, dass man an der Kernenergie als Teil der Lösung aus ökonomischen Gründen kurz- und mittelfristig nicht vorbei kommt und dass der gleichzeitige Ausstieg aus Kohle- und Atomenergie ein Fehler ist. 

Die von Herr Sinn vorgetragenen Argumente sind sehr schlüssig. Beispielsweise beweist er anhand diverser Grafiken, dass Deutschland mit dem Ausstieg aus der Kernenergie weltweit nahezu alleine dasteht. Er zeigt auf, dass wenn Deutschland nicht selbst Atomstrom produziert, es ihn wird importieren müssen. 

Nachdem ich mit Freunden und Bekannten darüber diskutiert hatte, wollte ich fundiertere Informationen. Ich schrieb zunächst mir bekannte Physiker an und erhielt diese Antworten: 

Sämtliche von mir befragten Physiker und Naturwissenschaftler sind darüber einig, dass die Endlagerung nach wie vor ein ungelöstes Problem darstellt und eine Nachricht an zukünftige Generationen zu übermitteln, an bestimmten Stellen lieber nicht zu graben, ein Ding der Unmöglichkeit sei, denn  “wie soll man unseres Nachfahren in 2, 20 oder 200 Generationen klar machen, dass sie nicht im Endlager herum buddeln sollen? (Unsere Kinder) (…) wissen doch überhaupt nicht mehr, was eine 5″- oder 3,5″-Zoll Diskette, eine Audio-Cassette oder ein Röhrenmonitor ist- nach bereits einer Generation.” (Anonymer Physiker)

“Kernkraftwerke müssen gekühlt werden. Kühlung funktioniert nur, wenn das kühlende Medium kalt ist.
Im Laufe der letzten Jahre mussten bereits in Frankreich und Deutschland Kernkraftwerke abgeschaltet werden, wegen fehlendem Kühlwasser.
(https://www.heise.de/tp/features/Atomkraftwerke-werden-erneut-wegen-Hitze-abgeschaltet-4480396.html)
Da die globale Erwärmung noch zunehmen wird, werden wir vor allem im Sommer Kernkraftwerke abschalten müssen.
Daraus folgt, Kernkraftwerke sind keine Option für die Zukunft und zwar aus grundsätzlichen nämlich thermodynamischen Gründen.” (Harald Lesch, München)

“Neue Kernkraftwerke liegen mit 10 bis 16 ct/kWh bei den 2,5 bis 4-fachen Kosten der Photovoltaik.” (Volker Quaschning, Berlin) 

“Die Reserven an Uran würden nicht einmal reichen, um den Weltenergiebedarf zwei Jahre lang zu decken. Kernenergie ist nur eine Option, solange der Anteil im einstelligen Prozentbereich liegt.” (Volker Quaschning, Berlin)

Ich bin kein Physiker, aber für mich sind insbesondere mit den Argumenten von Volker Quaschning die Thesen von Hans-Werner Sinn widerlegt.
Inzwischen sind ein paar Jahre vergangen. Deutschland steigt weiterhin Schritt für Schritt aus der Atomenergie aus, der Klimawandel hat sich deutlich bemerkbar gemacht, mit der Fridays for Future Bewegung setzt sich ein Teil der Bevölkerung aktiv und sehr öffentlichkeitswirksam für eine Klimawende ein.
Ich frage mich, ob Hans-Werner Sinn bei seinen Thesen geblieben ist. Dies werde ich in einem der nächsten Teile dieser Serie untersuchen…

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